Die Vorteile von institutionellen Tradern gegenüber privaten Tradern sind offensichtlich: Institutionelle Anleger haben Research-Abteilungen, teure Informationsportale (Bloomberg Portal oder Reuters Eikon), eine technisch hochwertigere Ausrüstung (z.B. schnellere Internetverbindungen), mehr Kapital und oftmals eine bessere Ausbildung. Das Ziel dieses Beitrags ist jedoch die Vorteile von privaten Tradern gegenüber Institutionellen hervorzuheben. Warum? Weil man, genau wie im Sport, die eigenen Vorteile kennen und ausnützen sollte.
Viele private Trader wenden ihre Aufmerksamkeit auf den perfekten Ein-/Ausstieg und die Analyse der Märkte, aber in diesen Bereichen liegt der private Trader gegenüber dem Institutionellen im Nachteil. Er sollte sein Augenmerk besser auf die Kreativität, dem Risikomanagement und der Möglichkeit, keine Position offen zu haben richten.
Frei vom Druck eines Benchmarks
Institutionelle Anleger (z.B. Pensionskassen und Investmentfonds) messen Ihre Leistung gegenüber einem allgemeinen Standard, meistens gegenüber einem Aktien- Index. Schneidet der Fond besser als am vergleichbaren Massstab ab, dann war der Fond erfolgreich. Das gilt auch, wenn der Investmentfond um 45% fällt, aber die Benchmark um 50% fällt. Zusätzlich messen sich die verschiedenen Investmentfonds auch gegenseitig. Schneidet ein Investmentfond besser als der Leitindex ab, aber schlechter als die Konkurrenz, verliert der Investmentfond Kunden, und es ist die Kundengewinnung, die die erste Priorität eines institutionellen Anlegers darstellt, nicht die Rendite. Die Konkurrenz und der Standard, an denen sich ein Investmentfond messen muss, führen dazu, dass ein Investmentfond meist breit gestreut ist, und den gemessenen Standard mehr oder weniger kopiert, mit minimalen Anpassungen.
Ein individueller Trader/ Investor ist frei vom Druck einer Benchmark. Er verliert keine Kunden, wenn er schlechter als der Aktienindex abschneidet, und er muss sich auch nicht gegenüber anderen Spekulanten/ Investoren messen. Das ist ein Riesenvorteil! Ein individueller Trader kann sich daher ganz frei vom Druck alleine auf die Renditen konzentrieren, und hat damit einen viel grösseren spekulativen und kreativen Freiraum als ein Investmentfond oder eine Pensionskasse. Die Handelsideen können zudem konzentriert auf dem Markt umgesetzt werden, und eine breite Streuung der Gelder ist nicht nötig (dafür ist aber das Risikomanagement umso wichtiger).
Die Freiheit nichts zu tun
Trader sind aktive Menschen, und daher ist es für einen Trader oftmals schwer, die Finger von der Tastatur zu lassen. Darum sagt man aber auch: «Es ist die schwierigste Position, keine Position im Markt zu haben. « Oftmals ist aber genau das aber die beste Position!
Auf der Seitenlinie zu verharren und nichts zu tun, ist ein Luxus, den sich nur individuelle Trader leisten können. Investmentfonds müssen sich an den Richtlinien ihrer Anlagestrategie halten, und diese schreiben meistens vor, welcher Prozentsatz in Aktien, Anleihen und anderen Finanzprodukten investiert sein muss. Zusätzlich zahlen die Kunden des Investmentfonds eine Kommission und erwarten im Gegenzug, dass die Fondmanager dafür deren Geld «arbeiten» lassen – also im Markt investiert sind. Ein individueller Trader kann im Markt sein, muss aber nicht – das ist ein Riesenvorteil, den leider viel zu wenig Leute nutzen.
Risikomanagement
Das Risikomanagement ist der grösste Vorteil eines individuellen Spekulanten gegenüber einem institutionellen Anleger, denn das Risikomanagement eines Institutionellen Anlegers ist viel komplizierter und viel weniger flexibel. Der Institutionelle muss sich mit täglichen Zu- und Abfluss von Kundengeldern beschäftigen, und das führt dazu, dass eine Pyramidisierung praktisch unmöglich wird, oder nur sehr beschränkt einsetzbar ist. Auch die Handhabung der Korrelierung mehrerer Positionen und das Gleichgewicht des Portfolios ist wegen dem Zu- und Abfluss von Kundengeldern extrem herausfordernd. Zudem arbeiten bei einem Institutionellen Anleger oft mehrere Trader und es existieren verschiedene Abteilungen mit unterschiedlichen Zielsetzungen, deren Risikomanagement im Einzelnen und als Gesamtes, schwer kontrollierbar ist. Nicht von ungefähr liest man darum bei Banken oft von Gewinnwarnungen, weil ein Einzelner bei einer Bank einen «Fat Finger»-Trade abgegeben hat, oder weil ein einzelner Trader seine Verluste vor der Firma eine Zeit lang versteckte (z.B. Kweku Adoboli bei der UBS, oder Heinz Schimmelbusch bei der Metallgesellschaft, um nur zwei Verluste aus dem deutschsprachigen Raum zu nennen).
Der Individuelle Trader hat keine unkontrollierbaren Zu- und Abflüsse von Kapitalgeldern zu befürchten (es ist ja sein Eigenkapital), und kann daher seine Positionen sehr effektiv pyramidisieren (wahrscheinlich die effektivste Risikomanagement-Technik überhaupt), korrelieren und überwachen.
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