Diese Woche fiel der Rohölpreis kurzfristig auf den tiefsten Stand seit 2003 auf unter 27$ pro Fass!
Goldman Sachs schätzte bereits im September 2015 (noch vor der letzten OPEC Sitzung am 4. Dezember), dass der Ölpreis im nächsten Jahr auf 20$ fallen könnte, meinte aber, dass die Chancen dafür nur bei 15% liegen. Auch der venezuelische Ölminister Eulogio del Pino meinte vor der OPEC-Sitzung am 4. Dezember, dass der Ölpreis auf Mitte Zwanzig fallen könnte, wenn die OPEC im Dezember die Produktion nicht vermindern würde – Nun, die OPEC verminderte im Dezember die Ölproduktion nicht, im Gegenteil! Nach der OPEC-Erklärung schrieb Goldman Sachs, dass die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass die Prognose die Erwartungen sogar übertreffen werden. Vor einer Woche hat auch Merril Lynch ein Preisziel von 20$ genannt und die Royal Bank of Scotland rechnet sogar mit einem Ölpreis von 16$ pro Fass.
Oelpreis 1986_2015
Statistsche Eckdaten Ölpreis | 1946-2015 | 1986-2015 | 2006-2015 |
---|---|---|---|
Durchschnitt | 23.56$ | 42.87$ | 80.48$ |
Median | 15.00$ | 27.34$ | 82.41$ |
Standartabweichung | 27.37$ | 30.55$ | 21.17$ |
Hoch | 133.93$ | 133.93$ | 133.93$ |
Tief | 1.17$ | 11.28$ | 37.19$ |
Warum fällt der Ölpreis?
Das Angebot übersteigt die Nachfrage. Das passiert immer, wenn ein Preis fällt. Die Frage ist jedoch, ob das Angebot die Nachfrage übersteigt, weil das Angebot gestiegen ist oder weil die Nachfrage gefallen ist?
Die Ölproduktion steigt weltweit
Beim Ölpreis ist beides richtig! Das folgende Diagramm der «US Energie Information Administration» zeigt, dass das Angebot, also die Ölproduktion in den letzten Jahren stark angestiegen ist:
Auffällig ist vor allem die Ölproduktionssteigerung der USA (grösster Ölproduzent der Welt) und Russland (drittgrösster Ölproduzent der Welt). Während die steigende Ölproduktion in den USA auf neue Technologien zurückzuführen sind (Schieferölproduktion), ist der Grund in Russland vor allem auf die verzweifelte Suche nach Kapital im wirtschaftskrisengerüttelten Land zu finden.
Das Überangebot ist gross, und Öl-Lagerstellen weltweit sind bis zum Rande gefüllt. Sie sind so voll, dass sich der amerikanische Präsident im Dezember 2015 dazu entschlossen hat, ein vierzigjähriges! US Öl-Exportverbot aufzuheben. Zum ersten Mal seit 40 Jahren fliesst nun auch amerikanisches Öl auf den Weltmarkt.
Die Nachfrage für Öl sinkt langsam
Während die Ölproduktion steigt, fällt die Nachfrage langsam aber stetig, weltweit, wie ein weiteres Diagramm der «US Energie Information Administration» zeigt:
Ich schätze folgende Gründe für die fallende Nachfrage:
- Neue Technologien führen zu energieärmeren Produktionen
- Alte ölbasierte Energie-Ressourcen werden durch erneuerbare Energien ersetzt
- Die Weltwirtschaft steigt nicht so stark, wie es durch verschiedene Statistiken prognostiziert wird.
Ein wichtiger Spieler in der Ölproduktion weltweit ist die Organisation OPEC, dessen Mitglieder etwa 30% der weltweiten Ölproduktion ausmachen. In der Vergangenheit hat die OPEC die Produktion reduziert, um hohe Ölpreise zu garantieren. Aktuell tut sie das nicht.
Warum reduziert die OPEC die Fördermenge nicht?
Der Ölpreisverfall begann im Juni 2014 und fiel von über 100$ auf 73.60 vor der OPEC-Sitzung am 27. November 2014. Viele Marktteilnehmer erwarteten damals eine Reduktion der Förderung, welche jedoch nicht eingeläutet wurde. Daraufhin beschleunigte sich der Ölpreisverfall. In der offiziellen Erklärung heisst es, dass die OPEC mit dem niedrigen Ölpreis dem Weltwirtschaftswachstum helfen will, aber in einem Interview mit dem Energieminister der vereinigten Arabischen Emirate, einige Wochen nach der OPEC-Sitzung, wird der wirkliche Grund sehr klar erläutert. Es geht um Marktanteile! Der Minister meint:
«Wir wissen nicht, was uns die Zukunft bringt, aber eines ist sicher: Diejenigen, die am meisten und effektivsten produzieren, werden den Markt kontrollieren»
Suhail Al Mazrouei beschuldigte zudem sogenannte Neueinsteiger im Ölsektor, mit anderen Worten die Schieferölförderer, für den fallenden Ölpreis.
Noch vor wenigen Jahren betrug der Anteil der OPEC-Länder an der globalen Ölproduktion 35%-45%, heute nur noch 30%, und dies könnte sich mit einer Ausweitung der Schieferölproduktion weiter verringern. Verlorene Marktanteile können in der Zukunft nicht von steigenden Preisen profitieren. Darum haben die OPEC-Länder keine andere Wahl, als um ihre Marktanteile zu kämpfen – Es geht um alles.
Saudi-Arabien veröffentlicht ein Rekord-Staatsdefizit für das Jahr 2015
In der letzten Dezemberwoche 2015 hat Saudi-Arabien ein Staatsdefizit von 98 Milliarden US Dollar veröffentlicht. Das ist das grösste Defizit in der Geschichte Saudi-Arabiens. Die Berichtserstattung in den Medien über das saudische Staatsdefizit ähnelte der Berichtserstattung eines Quartalverlustes von Warren Buffet: Die Medien rechnen mit dem Ende des Erfolgs von Warren Buffet oder der Kapitulation Saudi-Arabiens. Doch sowohl Warren Buffet, als auch die Saudische Regierung rechnen nicht in Quartalen, sondern in Jahren und Jahrzehnten. Sie kämpfen in einer längeren Zeitebene wie die Märkte. Als Konsequenz auf das Staatsdefizit und die fallenden Ölpreise hat Saudi-Arabien beschlossen, Sparmassnahmen vorzunehmen. Saudi-Arabien erwägt sogar den Börsengang der grössten Ölgesellschaft der Welt –Saudi Aramco. Die Sparmassnahmen und die Erwägung des Börsenganges von Aramco sind meines Erachtens Zeichen dafür, dass die saudische Regierung in nächster Zeit nicht mit steigenden Ölpreisen rechnet.
Übrigens, in den achtziger und neunziger Jahren befand sich der Ölpreis über Jahre in der Region von 20$. Auch damals diskutierte man, wie lange Saudi-Arabien überleben wird. Es hat überlebt. Die Ölförderungskosten in Saudi-Arabien gehören zu den Niedrigsten auf der Welt, wie die Zahlen von Rystad belegen:
Was könnte die Ölpreise wieder zum Steigen bringen?
Neben den obengenannten Gründen, warum Ölpreise momentan fallen, gibt es natürlich auch Gründe, dass der Ölpreis in der Zukunft wieder steigen wird. Hier einige Möglichkeiten:
- Ölproduzenten werden nicht unendlich mit Verlusten produzieren. Das Angebot wird fallen.
- Die jahrelangen Geldlockerungsmassnahmen der Notenbanken könnte irgendwann zur lang ersehnten Inflation führen. Das könnte dann auch die Ölpreise wieder steigen lassen.
- Der Nahe Osten ist ein Pulverfass. Es gibt unendliche Möglichkeiten, die zum Entzünden des Pulverfasses führen könnte. Wenn das geschieht, könnten Öl-Pipelines und Bohrtürme gesprengt werden oder der arabische Golf (persische Golf) könnte für eine freie Durchfahrt von Ölfrachtern gesperrt werden.
- Die Ölvorhaben weltweit sind nicht so hoch wie früher angenommen, oder sie sind schwerer erreichbar, als bisher erwartet.
- Die Nachfrage für Öl steigt weltweit an. Zum Beispiel, weil ein zukünftiger republikanischer US-Präsident die Umweltschutz-Anstrengungen von US Präsident Obama begraben wird.
Fazit
In den vergangenen Jahren ist ein stetiger Anstieg der Ölförderung zu beobachten, während sich die Nachfrage stabil hält, oder sogar sinkt, wie die Daten der «Energy Information Administration» zeigen.
Fällt der Ölpreis dieses Jahr auf 20$ pro Fass? Ich weiss es nicht, aber ich gehe davon aus, dass der Durchschnittspreis des letzten Jahrzehnts von 80$ pro Fass so schnell nicht wieder erreicht wird. Für einen niedrigeren Ölpreis sprechen neue Förderungstechniken, der reduzierte Einfluss der OPEC und die niedrige Deflation in der westlichen Welt.
Den OPEC-Ländern geht es um Marktanteile, und darum überschwemmen sie momentan den Markt mit billigem Öl. Die Billig-OPEC-Produzenten werden den Preiskampf irgendwann gewinnen, vor allem, weil sie härter und länger kämpfen können als die Konkurrenz. Wenn sie gewinnen, werden die Ölpreise wieder steigen. Bis das geschieht, müssen noch einige Marktteilnehmer (Öl-Schieferproduzenten) kapitulieren. Alternativ könnte grosse geopolitische Veränderungen im Nahen Osten, oder ein plötzliches Ansteigen der Inflation zu steigenden Ölpreisen führen.
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