Dies ist der erste Beitrag einer neuen Serie, in der ich Börsenblogger, Trader und Investoren über ihren Werdegang und Handelstil befrage.
Die Idee dieser Serie habe ich über einen Blogeintrag auf Alephblog erhalten. David Merkel, Chefanalyst von Aleph Investments und bekannter amerikanischer Blogger, hat einen Fragebogen für Trader und Investoren beantwortet und veröffentlicht. Ich bat David, den Beitrag übersetzen zu dürfen, was er mir genehmigte. Damit ist die Beantwortung des Fragebogens von David der erste Beitrag dieser Serie. Ich werde den zukünftigen Fragebogen ein wenig an den deutschsprachigen Markt anpassen.
David Merkel vom Alephblog beantwortet Fragen über seinen Werdegang als Investor und Handelsstil
Wie lange handeln Sie schon?
- Ich investiere mein eigenes Kapital seit mehr als 25 Jahren. Während dieser Zeit habe ich viele Dinge getan:
- 1989-1993 habe ich mit geschlossenen Fonds geflirtet, und überbewertete Firmen geshortet.
- 1993-1998 habe ich mit meinem Kapital Value-Investing betrieben und dabei ziemlich viele Nebenwerte gekauft (komische, nicht-liquide Werte)
- 1993-2003 definierte ich Investment-Regeln für einige grosse Lebensversicherer
- Ich habe für grössere Lebensversicherer gearbeitet: 1998-2001 Hypothekenanleihe-Manager, 2001-2003 Unternehmensanleihen-Manager, 1993-2003 Investment-Risiko-Manager.
- 1998-2000 habe ich mich mit kleinen Arbitrageschäften beschäftigt.
- 2000-2014 habe ich meine 8 Regeln-Value-Investing-Strategie definiert.
- 2003-2007 war ich Buy Side Analyst für einen Hedge Fund. Zudem habe ich die Gewinnbeteiligung und die Kapitalbeträge der Firma nach meiner Value Investing Strategie verwaltet.
- 2011 ich habe meine eigene Investment Firma gegründet, in der ich meine Value Investing Strategie anwende. Kunden können an meinem Erfolg teilhaben – aber ich bin mein grösster Investor und löffle die Suppe aus, die ich selber gekocht habe.
Welchen Handelsstil oder welche Investorenansatz praktizieren Sie (technische Analyse, fundamentale Analyse, Systemhandel oder eine Kombination verschiedener Stile)?
Meistens handle ich fundamental. Die meisten Handelsentscheidungen entstehen folgendermassen:
Eine Neugewichtung des Portfolios ist erfordert, wenn sich eine Aktie mehr als 20% vom Zielgewicht entfernt. Die einzelnen Werte sollten gleichmässig gewichtet sein, da es schwer ist vorherzusagen, welches die besten Ideen sind. Ich halte zwischen 30-40 Werte zur Diversifikation des Portfolios.
Mittelfristige Trends versuche ich zu widerstehen […]. Ich glaube, dass fügt dem Portfolio zwischen 1%-3% hinzu.
Ich mache 3-4-mal im Jahr Änderungen in meinem Portfolio. Ich bewerte die neuen Werte als Gruppe gegenüber dem bestehenden Portfolio. Die neuen Werte müssen besser sein als der Mittelwert des bestehenden Portfolios. Die Firmen, die ich aus dem Portfolio herausnehme, müssen sich unterhalb des bestehenden Mittelwertes befinden.
Ich beschränke die Anzahl meiner Investitionen. Es braucht nämlich Zeit, eine neue Idee zu erarbeiten. Wenn ich einen Wert verkaufe, dann versuche ich das wie ein Geschäftsmann zu machen: Ich frage mich, ob ich lieber die Firma hätte, oder mich besser mit Cash fühlen würde.
Wie fühlen Sie sich, wenn ein Trade gegen Sie läuft?
Ich fühle mich gut. Das gibt mir die Möglichkeit, einen Wert noch billiger nachzukaufen, aber nur, wenn ich meine Handelsidee nochmals überprüft habe. Wenn die Idee nicht mehr hält, dann verkaufe ich alles. Bei den wenigen Verlust-Trades, welche ich über eine längere Zeit gehalten habe, tut es natürlich weh – das sind 20 Werte in 25 Jahren. Die Gewinne haben aber immer die Verluste wettgemacht. Ich versuche diese Verlust-Trades zu vergessen, nicht jedoch die Lehren, die ich daraus gezogen habe. Jedes Mal, wenn ich wirklich heftig verloren habe, habe ich mindestens einer meiner Gesetze gebrochen.
Wie fühlen Sie sich, wenn ein Trade in Ihre Richtung läuft?
Natürlich habe ich das gern, aber ich konzentriere mich darauf, dass mein Handeln nur von meinen Gesetzen regiert wird, nicht von meinen Gefühlen. Bei meinem Handelsstil gibt es keinen Platz für Gefühle.
Wie haben sich Gefühle in Ihrer Handelskarriere verändert? (Erinnern Sie sich, wie Sie sich ursprünglich gefühlt haben, und wie sich die Gefühle während der Zeit verändert haben?)
Als ich 20-25 Jahre jünger war, hat mich jede Marktbewegung begeistert. In den 90er Jahren habe ich dann meine Gefühle unter Kontrolle gebracht. Ich habe folgendes gelernt: Wenn man das Risiko im Frontend eliminiert, dann hat man auch weniger Probleme im Backend.
Praktizieren sie irgendwelche Routinen, ausserhalb des Bildschirms, um ihre Emotionen und die Mentalität im Handeln zu stärken? (z.B. Meditation, Tai Chi, Flaschen kicken usw.)
Ich bete jeden Tag zu Jesus Christus. Das tue ich nicht, damit er für mich handelt. Ich bete, dass er mir bei meinen Entscheidungen hilft, und dass meine Performance seinen Namen verherrlicht.
Meine Handelsstrategie gibt mir den Takt an, und darum habe ich fast keinen Stress beim Handeln. Meine Strategie ist so aufgebaut, dass es die Emotionen neutralisiert werden.
Haben Sie das immer so gemacht?
Ich mache das seit 14 Jahren so. Davor habe ich an meiner Methode experimentiert.
Meine Zeit als Anleihemanager bei einem Lebensversicherer 1998-2003 hat mir als Trader viel gebracht. Ich habe in dieser Zeit sehr grosse Volumen gehandelt. […]
Wenn überhaupt, wie haben Sie gelernt, Ihre Gefühle während dem Traden unter Kontrolle zu bekommen?
Schauen Sie, wir sprechen hier nur über Geld. Wenn man im Leben nie grössere Verluste macht, dann riskiert man wahrscheinlich zu wenig.
Zudem brauchen Investments Zeit. Ich halte Positionen im Durchschnitt etwa drei Jahre. Längere Positionen habe ich sogar 5-10 Jahre gehalten. Der Baum in meinem Garten wächst nicht schneller, wenn ich mich um ihn sorge. Das ist bei Aktien genauso. Ich überprüfe die Aktien alle drei Monate. Dazwischen versuche ich, nicht zu stark auf die Preise zu schauen. Nur ab und zu nehme ich eine Neugewichtung vor.
Können Sie ein Beispiel in Ihrem Handelsleben nennen, dass den psychologischen Faktor im Handeln hervorhebt?
Als Value Investor habe ich weniger Probleme mit dem Traden. […]
Wenn Sie ambitionierten Tradern einen Rat geben könnten, wie sie den Markt emotionell bewältigen, was für ein Rat würde das sein?
Für Trader folgenden Rat: Schaue nach den Katastrophen des Tages – dann warte, dass das Volumen seinen Höhepunkt erreicht und der Preis den Tiefpunkt. Warte weitere 5-10 Minuten und kaufe dann. Schliesse den Trade innerhalb einer Woche, oder vielleicht bereits am Ende des Tages.
Um ehrlich zu sein würde ich Tradern lieber den Rat geben, Investoren zu werden. Im kurzfristigen Bereich ist die Konkurrenz viel zu hoch – im Investmentbereich bei Investments über 3 Jahre ist die Konkurrenz geringer. Studiere die Grossen der Branche: Graham, Munger, Buffet, Klarmann, Price, Heine, Neff, Soros, Dario und viele andere. Lerne Langzeit-Bewertungen, und warte, bis sich diese bewahrheiten. Beim Traden sind die Hürden fast nicht vorhanden, und darum tun es alle. Bei Langzeit-Investitionen sind die Hürden zum Anfangen gross- darum tun es so wenige- und darum funktioniert es.
Ich sorge mich nicht um mein Portfolio. Ich handle langfristig. Fluktuationen innerhalb eines Tages bedeuten mir nichts. Das gibt mir Zeit, tiefgründige Analysen zu fertigen, und neue Ideen zu entwickeln. Das ist grossartig.
Welches Sie Ihr Lieblingsbuch über Anlagen oder Trading?
The Intelligent Investor von Ben Graham.
Die Fragen beantworteten David Merkel, Chef Analyst von Aleph Investments und Inhaber von Alephblog.com. Feedbacks und Verbesserungsratschläge sind wie immer erwünscht.
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