Am ersten Juni 2018 gab die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) folgende zwei Beschlüsse bekannt:
- Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Differenzgeschäften (CFD) an Kleinanleger
- Verbot der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs binärer Optionen an Kleinanleger.
Binäre Optionen
Das Verbot von binären Optionen tritt bereits am 2. Juli in Kraft. Das ist sehr gut! Praktisch alle (oder alle) Kleinanleger haben mit binären Optionen viel Kapital verloren, zum Teil sogar ihre Existenz, was sogar zu Selbstmord geführt hat. Binäre Optionen haben nichts in der Finanzwelt zu suchen!
Zur Beschränkung von CFDs
Im Generellen gelten für EU-Bürger ab dem 1. August folgende Beschränkungen:
- Der Hebel (Initial Margin) wird folgendermassen für Kleinanleger beschränkt:
Hebel und Margin der neuen ESMA Bestimmungen Neuer Hebel Margin des Nominalwerts Betroffene Finanzprodukte 30 3.33% EURUSD, USDJPY, GBPUSD, USDCAD, USDCAD, EURJPY, EURGBP, EURCAD, GBPJPY, GBPCAD und CADJPY 20 5% alle nicht obengenannten Währungen, für Gold und folgende Aktienindizes: DAX30, FTSE100, CAC40, DJIA (oftmals DOW30 genannt), S&P500, NASDAQ und NASDAQ100, Nikkei 225, ASX200 und EURO STOXX 50 10 10% Alle nicht obengenannten Aktienindizes und Rohstoffe 2 50% Kryptowährungen 5 20% Aktien und nicht obengenannte Finanzprodukte (zum Beispiel Staatsanleihen) - CFD-Broker gewähren dem Kleinanleger den Negativsaldoschutz. D.h. Das Kundenkonto kann nicht mehr ins Minus gehen, und daher wird es offiziell keine Nachschusspflicht für die Kunden mehr geben.
- Der CFD-Broker gewährt dem Kleinanleger einen Margin-Glattstellungsschutz von 50%. Das bedeutet, dass offene Positionen nicht mehr als 50% der Balance (Kontostand ohne offenen Positionen) ins Minus gehen. Falls die offenen Positionen des Kunden 50% im Minus sind, muss der Broker eine oder mehrere offene Positionen zu den günstigsten Bedingungen für den Kunden schliessen. Praktisch bedeutet das, dass man nicht mehr mit einem Trade (All In) sein Konto vernichten kann.
- Jegliche Art von Bonis werden verboten (waren es m.E. bereits)
- Beim Vertrieb oder Verkauf von CFD-Produkten muss eine enthalten, bei einem anbieterspezifischen Verlustsatz (12-Monats-Berechnungsszeitraum) enthalten ist. Das heisst, verlieren bei einem Broker 98% Kapital, dann wird im Risikohinweis unter anderem stehen: «98% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter».
Mögliche Folgen für Broker und Kleinanleger der neuen ESMA-Bestimmungen
Wie bereits beschrieben, werden binäre Optionen aus der Landschaft verschwinden und ich glaube nicht, dass irgendjemand diesem Umstand eine Träne nachweinen wird. Das ist gut und richtig so.
Die Änderungen bei CFDs werden ebenfalls Folgen haben, und zwar sowohl für die Broker, als auch für Trader. Im Folgenden möchte ich meine Einschätzung der Folgen darstellen.
Folgen für EU-regulierte CFD-Broker
Für EU-regulierte Broker dürften die neuen Bestimmungen gravierenden Gewinneinbussen bewirken. STP-Broker, welche von den Spreads leben, werden geringere Einnahmen erhalten, weil Kunden, wegen dem geringeren Hebel, weniger grosse Positionen handeln, während Market Maker, welche zum Teil von den Verlusten des Kleinkunden leben, länger warten müssen, bis die Kleinkunden ihr Kapital verlieren (hier weitere Informationen über STP- und Market-Maker-Broker).
Für Broker wird die EU darum weniger lukrativ, vor allem der deutschsprachige Raum, wo der Markt gesättigt mit Brokern ist, und die Akquirierungskosten von Neukunden dementsprechend hoch sind. Ich denke, dass einige Broker den europäischen Markt verlassen werden, und damit das Angebot für den Kleinkunden kleiner wird. Ein geringeres Angebot bedeutet normalerweise für den Endkunden höhere Kosten (z.B. höhere Spreads). Gerade für sehr kurzfristige Spekulanten wird dies gravierend sein.
In Israel, wo ähnliche Bestimmungen bereits 2016 eingeführt worden sind, schrumpfe die Anzahl der Broker massiv auf fünf Broker, wobei heute, zwei Jahre nach der Einführung, nur noch zwei Anbieter wirklich aktiv sind – die Konditionen haben sich für den Endkunden dort tatsächlich verschlechtert.
Die neue Risikowarnung, welche Broker in der Werbung einsetzen müssen, und in der ein anbieterspezifischen Verlustsatz enthalten ist, ist vom Grundgedanken interessant. Hier ein Beispiel, wie der Risikohinweis aussehen wird:
CFD sind komplexe Instrumente und gehen wegen der Hebelwirkung mit einem hohen Risiko einher, schnell Geld zu verlieren.
[Protzentsatz pro Anbieter eingeben] % der Kleinanlegerkonten verlieren Geld beim CFD-Handel mit diesem Anbieter.
Sie sollten überlegen, ob Sie verstehen, wie CFD funktionieren und ob Sie es sich leisten können, das hohe Risiko einzugehen, Ihr Geld zu verlieren.
Man könnte denken, dass Broker in Zukunft stärker daran interessiert sind, dass ihre Kunden Gewinne machen, damit der Protzentsatz besser aussieht. Vielleicht werden Broker darum mehr kostenlose Ausbildungsprogramme, zum Beispiel durch Webinare, anbieten. Ich glaube aber, und auch das zeigen die Zahlen in Israel, dass die Risikowarnung keine Auswirkungen auf den Endkunden haben wird.
Folgen für Trader und Kleinanleger in der EU
Im Generellen sind die neuen Bestimmungen für den Kleinanleger gut. Sie schützen ihn vor einem Negativsaldo und der Margin-Glattstellungsschutz von 50% ist ebenfalls eine sinnvolle Absicherung. Der erforderliche Risikohinweis wird eventuell dazu führen, dass der Trader mehr kostenlose Ausbildungsprogramme vom Broker erhält. Zusätzlich wird die Hebelreduzierung auf den risikobewussten, mittelfristigen Trader keinen Einfluss haben.
Neben den positiven Auswirkungen der Bestimmungen wird es aber auch einige negative Nebeneffekte geben:
Die Kosten für den Kleinanleger werden steigen, weil die Anzahl der Broker, und somit das Angebot, geringer wird.
Daytrader werden besonders hart von den neuen Bestimmungen getroffen, denn gerade die Kosten wirken auf den Daytrader besonders belastend (im Artikel Wie heilt man sich vom Daytrading wird erklärt, warum Daytrader so dringend niedrige Kosten brauchen). Dazu kommt die geringere Hebelwirkung, auf die ein Daytrader eigentlich angewiesen ist. Das führt dazu, dass kleinere Konten praktisch keine Chance mehr haben werden. In den USA fordert das «Pattern Day Trading»-Gesetz ein Mindestkonto von 25’000$ für Daytrader. Ich denke in Europa wird ein Konto unter 10’000€ im Daytrading keinen Sinn machen. (der Hebel in der EU ist auch nach den neuen ESMA-Vorschriften immer noch höher als in den USA).
Broker ermöglichen heute Kontoeröffnungen ab 100$. Wegen der Hebelreduzierung werden solch kleine Konten keinen Sinn mehr machen, weder für den Broker, noch für den Trader. Meines Erachtens wird ein Mindestkonto eine Minimaleinlage von 1000€ ausweisen müssen, um langfristig mit vernünftigem Risikomanagement handeln zu können.
Für mittelfristige Kleinanleger, z.B. Swing-Trader oder Positions-Trader, wird die Diversifizierung mit mehreren offenen Positionen teurer. Ein grösseres Konto ist hier ebenfalls sinnvoll.
Eine Gruppe von Marktteilnehmer wird es speziell treffen: Diejenigen, die glauben, dass man mit Marginale-Systemen langfristig Gewinne machen kann. Bei Marginale-Systemen wird oft auf einen Stopp Loss im Handel verzichtet. Anstelle wird im Verlust nachgekauft, oftmals mit der doppelten Position, um den Durchschnittspreis zu drücken/ erhöhen, mit der Hoffnung, dass eine Korrektur irgendwann mal eintritt. Für diese Gruppe werden die neuen Bestimmungen den Todesstoss bedeuten, wegen der Hebel-Heruntersetzung und wegen dem Margin-Glattstellungsschutz.
Gefährliches Schlupfloch der neuen ESMA Bestimmungen
Viele Kleinanleger fühlen sich fälschlicherweise durch die neuen Bestimmungen der ESMA benachteiligt und suchen in sozialen Netzwerken oder in Online-Foren nach Lösungen, wobei oft nicht EU-regulierte Broker oder nicht regulierte Offshore-Broker als Lösung genannt werden. Vor diesem Schritt kann ich nur warnen! Das eingezahlte Geld ist bei diesen Brokern nicht geschützt. Nichtdestotrotz sollte man hier erwähnen, dass der ESMA ein schwerer Fehler unterlaufen ist. Ein Verbot für EU-Bürger, bei nicht EU-Brokern ein Konto zu eröffnen, wäre in den neuen Bestimmungen nötig gewesen. Ein ähnliches Verbot gibt es für US-Bürger, und seit 2016 auch bei israelischen Bürgern.
Fazit
Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die neuen Bestimmungen für den Kleinanleger generell gut sind, jedoch höheres Kapital erforderlich wird, und das kurzfristige Daytrading noch schwieriger wird, als es bereits ist. Es ist wichtig, dass sich der Kleinanleger mit den neuen Bestimmungen auseinandersetzt, und eventuell seine aktuelle Handelsstrategie an die neuen Bestimmungen anpasst, damit er auch weiterhin Erfolg haben wird. Für den Amateur und den Neueinsteiger wird eine fundierte Ausbildung in Zukunft noch wichtiger werden, eventuell über das kostenlose VIP-Programm von Pipsologie.
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